200 Jahre Fahrrad – Von der Karbid-Funzel zum Carbonrad

Berlin – Zweirad-Pionier Karl Drais stieg zur ersten längeren Fahrradtour am 12. Juni 1817 auf eine hölzerne Laufmaschine, die noch nicht einmal Pedale hatte. Heute ist das Fahrrad ein Hightech-Produkt. Wie sehr sich die Technik im Laufe der Zeit gewandelt hat, zeigen folgende Beispiele:

– Carbon-Laufrad statt Holzfelge: Die Räder, die Drais an sein Veloziped montiert hatte, waren aus Holz. Spezielle Holzfelgen konnten sich über längere Zeit nur im Radrennbereich halten. Bald wurden die Laufräder aus Stahl, später dann aus leichteren Aluminiumlegierungen gebaut. Dann kam das ultraleichte Carbon.

Mittlerweile sind Bauteile aus dem robusten und leichten Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoff (CFK) vergleichsweise günstig geworden. Kostete ein Radsatz vor Kurzem weit mehr als 2000 Euro, bietet etwa die Firma Sram den 29-Zoll-Laufradsatz Roam 50 für 1416 Euro an. Für Ruprecht Müller, ADAC-Fahrradexperte, sind Alltagsräder grundsätzlich handlich genug, und bedürfen nicht unbedingt der Carbonfelge: «Für spezielle Anwendung, etwa im High-Tech-Straßenrenner, mag dies anders sein.»

– Carbonriemen-Antrieb statt Kette: CFK, aus dem im Profibereich auch Rahmen gefertigt werden, macht der Fahrradkette Konkurrenz. So bietet etwa die Firma Gates den Carbon Drive Network CDN für 50 Euro an. David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) kann Vorteile von Riemen bestätigen: «Der Riemen rostet nicht, braucht keinerlei Pflege und ist nicht ölig.» Nur teurer als eine Kette ist er.

– Kabellose Funkschaltung statt Nabenschaltung: «Eine Funkschaltung ist einfach zu montieren, Sie brauchen keine Kabel mehr», sagt Koßmann. Die US-Marke Sram hat seit 2016 eine der ersten kabellosen Funkschaltungen auf den Markt gebracht, die 1911 Gramm wiegende Red eTap für Rennräder mit 2×11 Gängen für knapp 2700 Euro.

– Fahrradhänger statt Lenkersitz: Fahrradanhänger für den Nachwuchs gab es auch schon in den 1930er Jahren, wie der einspurige Kinderanhänger Rally belegt, Teil der Sammlung im Deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau. Auch Kinderhängesitze, die man am Lenker befestigte, gab es schon vor dem Krieg. «In den Siebzigern kamen sie in Mode, aber heute würde niemand mehr sein Kind als Knautschzone einsetzen», sagt pdf-Chef Gunnar Fehlau.

Weitaus sicherer sei der Nachwuchs in einem Kindertransporter unterwegs, wie ihn zum Beispiel die Firma Croozer anbietet. Das Modell Kid for 1 kostet ab 549 Euro und lässt sich vom Rad abgekoppelt auch als Kinderwagen zum Schieben nutzen. Der Kindertransport im Anhänger habe den Vorteil, dass die Fahreigenschaften des Fahrrades wegen der ähnlichen beziehungsweise gleichen Schwerpunktlage weniger verändert würden als bei Kindersitzen am Lenker oder am Gepäckträger, sagt Ruprecht Müller, Fahrradexperte beim ADAC. Nur haben die Kinder nicht mehr so eine gute Übersicht wie in den alten Einhängesitzen, und sie fahren im Straßenverkehr in Höhe der Auspuffendrohre von Autos.

– LED-Leuchte statt Karbid-Funzel: Noch in den 1920er-Jahren war es üblich, Gas abzufackeln, um Fahrräder zu beleuchten: Es war die Zeit der Karbidlampen, die auch an frühen Autos montiert waren. Im Vergleich zu heutigen Hightech-Produkten war die Lichtausbeute spärlich. «Mit modernen LED-Scheinwerfern können Sie heute sogar Autofahrer richtig blenden», sagt Gunnar Fehlau. Eine solche Lampe hat etwa Busch & Müller mit der Ixon Space für 199 Euro im Programm.

– Luftkontrolle statt schlapper Reifen: Der Luftdruck wirkt sich auf den Federungskomfort aus. So hat der Hersteller Quarq das streichholzschachtelgroße System Shockwiz entwickelt, das 100 Mal in der Sekunde den Luftdruck der Luftfederung messen soll. Die Daten können mit einer Smartphone-App ausgelesen werden.

Fotocredits: Mathias Kutt,dpa/zb-Archiv,Paul Masukowitz,www.croozer.com,www.puky.de,www.bumm.de,www.gatescarbondrive.com
(dpa/tmn)

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