Japans Elektronikindustrie setzt auf «Internet der Dinge»
Chiba – Riesige Stände mit den neuesten Flachbildschirmen, die noch vor Jahren Japans größte
Elektronikmesse Ceatec (4. bis 7. Oktober) dominierten, sucht man in den Hallen der Makuhari Messe in Chiba in der Nähe von Tokio inzwischen vergebens.
Selbst Firmen wie Panasonic, die im harten Wettbewerb mit Konkurrenten aus Südkorea oder China noch halbwegs mithalten können, präsentieren sich nicht mehr als einer der weltweit größten Hersteller von TV-Geräten. «Mit dem «Internet der Dinge» haben wir unseren Fokus verändert», sagt Panasonic-Sprecher Takumi Tachibana.
Japans Elektronik- und Halbleiterunternehmen sehen sich als ideale Lieferanten der Bausteine im «Internet der Dinge», egal ob es sich um Sensoren, Kommunikations-Komponenten, Display oder Halbleiter handelt. Dazu gehören auch Firmen wie Tyco Electronics, Murata, Alps oder Rohm, die bei Verbrauchern nicht unbedingt bekannt sind.
Gleich mehrere Aussteller auf der Ceatec beschäftigten sich mit der Frage, wie die unzähligen vernetzten Geräte mit Strom versorgt werden können. Ein Lösungsansatz bei Panasonic lautet: Biegbare Batterien sollen dafür sorgen, dass die tragbaren Geräte («Wearables») sich an den Körper anschmiegen können und nicht wie ein starrer Klotz am Handgelenk hängen. Schalter, die im Netz bestimmte Aktionen auslösen, benötigen sogar überhaupt keinen externen Stromspeicher mehr, weil die kinetische Energie des Knopfdrucks in den benötigten elektrischen Strom umgewandelt wird, wie man bei Panasonic, Omron und anderen Ausstellern sehen konnte.
Bei Panasonic spielt das Know-how als Display-Hersteller aber auch bei der neuen Firmenstrategie noch immer eine wichtige Rolle. So zeigte der Konzern auf seinem Messestand, wie vernetzte durchsichtige Glasscheiben eines Schaufensters als Projektionsfläche für Videos genutzt werden können. Zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2020 sollen mit dieser Technologie große Info-Displays ausgestattet werden. Ein NFC-Chip im Smartphone der Besucher soll dem Bildschirm signalisieren, in welcher Sprache die Olympia-Teilnehmer und Besucher angesprochen werden müssen.
Für den japanischen Großkonzern NEC waren bereits die Olympischen Spiele in Rio in diesem Sommer ein Testlauf für eine Technologie, die auch vier Jahre später in Tokio großflächig zum Einsatz kommen soll. In Brasilien wurden bestimmte Bereiche in den Stadien mit einem Gesichtserkennungssystem abgesichert, erklärt ein Firmensprecher auf der Ceatec. Damit konnte dann sekundenschnell automatisiert erkannt werden, ob ein Ausweisträger tatsächlich die Person auf der Plastikkarte war oder nicht.
Große Fragezeichen stehen allerdings hinter den ambitionierten Plänen Japans, die Sommerspiele in Tokio im Fernsehen auch in der ultra-hohen Auflösung 8K (Super Hi-Vision) zu übertragen. Immerhin erreichte Sharp auf diesem Weg einen wichtigen Meilenstein und stellte auf der Ceatec den weltweit ersten Satellitenempfänger für 8K, also eine Auflösung von 7680 x 4320 Pixel (4320p), vor. Neben Sharp heimste auch das japanische Unternehmen Socionext einen Preis der Messegesellschaft für seinen Beitrag auf dem Weg in die 8K-Ära ein. Ein einzelner Chip von Socionext, der zusammen mit dem japanischen Fernsehen NHK entwickelt wurde, kann die Videodaten mit 8K-Auflösung dekodieren.
Doch trotz dieser technologischen Fortschritte stellen sich Experten die Frage, wie sinnvoll eine Ausstrahlung in dieser hohen Auflösung zumindest für private Haushalte ist. In einem gewöhnlichen Wohnzimmer kann man nämlich mit bloßem Auge den Unterschied zwischen 4K und 8K kaum erkennen. Und die 22 Tonkanäle des Sharp-Receivers für einen 3D-Sound ergeben in einem großen Kinosaal auch mehr Sinn als in der guten Stube. Außerdem werden «Live»-Übertragungen ohne erhebliche zeitliche Verzögerungen auch kaum möglich sein, weil die gigantischen Datenmengen erst auf die Fernseher geschaufelt werden müssen. Daher wird sich gerade eine große Sportveranstaltung als Showcase für 8K nur bedingt eignen.
In Deutschland stellt sich derzeit ohnehin nicht die Frage, ob 4K oder 8K der bessere Standard ist. Hierzulande werden die «HD»-Fernsehsignale via Kabel und Satellit nur in der viel geringeren Auflösung 720p statt in 4320p (8K) übertragen. Nur mit dem neuen digitalen Antennenfernesehen kann man ARD, ZDF und die privaten Sender in «Full HD» (1080p) empfangen. Eine TV-Übertragung in 4K – geschweige denn 8K – ist noch lange nicht in Sicht.
Auf der Ceatec bestimmte trotz aller Zweifel das Thema «8K» auch die Liste der Preisträger, die für die besten Produkte der Show ausgezeichnet wurden. Ein Publikumsliebling ging leer aus, nämlich der kleine Roboter Kirobo Mini von Toyota. Der rund zehn Zentimeter große Sozial-Roboter soll die Intelligenz eines Fünfjährigen haben – dabei aber immerhin erkennen können, wie sein Besitzer gerade gelaunt ist. Richtig nützliche Dinge machen kann er kaum, höchstens seinen Besitzer daran erinnern, auf einer langen Autofahrt doch besser mal eine Pause einzulegen. Die Herzen der Besucher der Ceatec eroberte der Kirobo Mini aber im Sturm. Vor den Kabinen auf dem Toyota-Stand in Halle 1 bildeten sich lange Schlangen, um den Mini-Roboter in Aktion erleben zu können.
Fotocredits: Christoph Dernbach
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