Caravan Salon: Campingbranche steuert in Zukunft

Düsseldorf – Frühstart mit qualmendem Diesel auf dem dicht besetzten Campingplatz, während der Nachbar drei Meter entfernt noch vor seinem Wagen frühstückt – da kann es schon mal böse Blicke geben.

Künftig könnte das anders werden: Bei der weltgrößten Campingmesse Caravan Salon in Düsseldorf stellt der Hersteller Dethleffs als Weltneuheit die Studie «e.home» für ein Elektro-Reisemobil vor – mit laut- und emissionslosem 80 Kilowatt-Motor, Solarfolie an der Außenhaut und digitaler Steuerung aller Funktionen über eine App.

Zukunftsmusik natürlich und wegen der Reichweitenanforderungen gerade der Landstraßenkapitäne noch nicht alltagstauglich, aber ein wichtiger Trend – schon wegen der immer lauteren Debatte über den Stickoxid-Ausstoß von Dieselmotoren, die bisher praktisch alle Reisemobiltypen antreiben. Leichtbau, mehr Verknüpfung mit Smartphone und Rechner, mehr Sicherheit mit Systemen wie Airbag oder Spurhalteassistent und schwelgerischer Luxus – das sind weitere Entwicklungen im Caravaning, zu sehen auf dem Caravan Salon.

600 internationale Aussteller zeigen bis zum 3. September über 2100 Fahrzeuge. Mit mehr als 200 000 Besuchern rechnen die Veranstalter. Zweistellige Zuwachszahlen und selbstbewusste Hersteller mit prallvollen Auftragsbüchern kennzeichnen die Branche: Die Campingbranche wächst und wächst – bei Caravans zum Anhängen ans Auto genauso wie bei Wohnmobilen, am unteren Ende der Preisskala mit Mini-Caravans für unter 10 000 Euro genauso wie beim Super-Luxus-Straßenschiff für weit über eine Million Euro.

Günstiges Campen für Einsteiger mit freiem Blick auf den Nachthimmel bietet etwa der slowenische Hersteller Adria: Der für 2018 überarbeitete Caravan
«Adria-Action» zum Preis ab 15 999 Euro bietet bei zwei bis vier Schlafplätzen ein riesiges Panoramafenster mit viel Licht im Innenraum und auf Wunsch einen Außengrill am Fahrzeug. Der Adria-Caravan wendet sich klar an eine jüngere Käuferschaft und ist mit rund 1300 Kilogramm vergleichsweise ein Leichtgewicht.

Doch es geht noch leichter, wie Dethleffs mit seinem Caravan «Coco» beweisen will. Der 4,25 Meter lange Caravan wiegt 638 Kilogramm – das soll unter anderem Sprit sparen. Überschaubare Abmessungen und furchtloses Chauffieren in südeuropäischen Altstadtgassen versprechen sich die Käufer vor allem von ausgebauten Kastenwagen – wie der Studie «DuoCar» von Hymercar auf Basis eines Mercedes-Benz-Sprinters, zugeschnitten auf die Bedürfnisse eines Paares.

Es gibt Kunden, die nicht aufs Portemonnaie schauen müssen.
Knaus Tabbert bietet etwa als Premiere eine hochwertig ausgestattete Version des VW Kleintransporters Crafter. Für hochwertigen Möbelbau, viele Fahrassistenzsysteme und ein gutes Fahrwerk muss der Käufer mindestens 75 000 Euro auf den Tisch legen, für weitere Wünsche und entsprechend höhere Preise ist reichlich Platz.

Knaus bekommt dabei Konkurrenz von VW selbst. Die Studie «California XXL» auf Crafter-Basis soll den Mythos der ausgebauten «Bullis» auf den neuen, größeren VW-Transporter übertragen. Preise wurden noch nicht mitgeteilt. Der normale «California» auf VW-Bus-Basis kostet zwischen 42 000 und knapp 60 000 Euro.

Das Gegenmodell zum handlichen Kastenwagen ist das Luxus-Straßenschiff – etwa das 12 Meter lange und 530 PS starke Reisemobil «Signature 1200» von Variomobil auf Mercedes-Basis. Ein exquisites Wohnzimmer mit Bar-Sitzgruppe, dimmbares Licht im Schlafzimmer, zahlreiche elektronische Helfer für den Fahrer und Platz für einen kleinen Mercedes-Roadster in der eigenen Pkw-Garage bietet das Riesenwohnmobil für mindestens eine dreiviertel Million Euro. Dafür könnte man sich auch eine Villa in guter Lage kaufen. Und das Luxussegment ist damit keineswegs ausgereizt, wie der zwölf Meter lange Volkner «Performance S» für rund 1,5 Millionen Euro beweist.

Kritik hat es in jüngerer Zeit in Medien und aus der Versicherungswirtschaft an schwachen Bremsen und fehlenden Airbags und Fahrassistenzsystemen in einigen Wohnmobilen gegeben. Die Branche setzt deshalb verstärkt auf Sicherheit. Niesmann+Bischoff etwa präsentiert in seinem «Flair» ein Crashtest-erprobtes neues Sicherheitspaket – unter anderem mit Airbag für Fahrer und Beifahrer, ESP und Gurtstraffer als Serienausstattung. Der «Flair» bietet daneben jenseits der 200 000 Euro reichlich Platz, Luxus und natürlich Reichweite.

Davon sind die Dethleffs-Ingenieure mit ihrer Studie noch weit entfernt. Das Fahrzeug hat derzeit knapp 200 Kilometer Reichweite, schätzt Dethleffs-Marketingchef Helge Vester, und ist mit seinem 80 Kilowatt-Elektromotor bei rund vier Tonnen Gewicht auch sehr überschaubar motorisiert. Der Hersteller will vor allem Erfahrungen sammeln: Herd, Kühlschrank, Heizung – alle Stromverbraucher im Auto sollen elektrisch betrieben und zentral per App gesteuert werden.

Dass E-Reisemobile noch einige Jahre bis zur Durchsetzung in größerer Zahl brauchen, bezweifelt Vester nicht – schon, weil es an den Stellplätzen noch gar keine Lademöglichkeiten gibt. Hinzu komme das Gewichtsproblem: E-Mobile dürften im Schnitt mehrere hundert Kilogramm schwerer werden als Verbrennerfahrzeuge, sagt er. Bei Reisemobilen ist Zuladung aber ohnehin knapp und der Führerschein B gilt nur bis 3,5 Tonnen – eine Hürde, mit der die Branche ständig kämpft. «Es wird wohl noch dauern, aber wenn die E-Reisemobile kommen, wollen wir bereit sein.»

Fotocredits: Tillmann,Tillmann,Tillmann,Tillmann,Tillmann,Tillmann,Tillmann
(dpa/tmn)

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