Ausstellung: Die vierte Wand – Der Museumsbesucher als Kunstobjekt
Wenn der Beobachter selber zum Objekt der Betrachtung wird, ergeben sich gänzlich neue Perspektiven. Diese Idee durchzieht das Werk der Fotokünstlerin Ulrike Bohlender, die sich die Betrachtung des Museumsbesuchers zum Thema gemacht hat. Eine Ausstellung in Karlsruhe erlaubt einen Einblick in ihr Schaffen.
Die „vierte Wand“ lautet in der Theaterwissenschaft die Bezeichnung für die offene, dem Publikum zugewendete Seite der Guckkastenbühne. Für die Figuren des fiktiven Stücks existiert sie nicht, dem Zuschauer erlaubt sie hingegen den ungestörten Blick auf die handelnden Personen. Relevanter Bestandteil eines dramatischen Werkes wird sie allerdings erst, wenn sie als das, was sie ist, in das Spiel mit einbezogen wird. In dem Moment, da innerhalb des jeweiligen Werkes dessen Natur als Werk oder Fiktion thematisiert wird, gilt die vierte Wand als „durchbrochen“.
Die vierte Wand gibt es im übertragenen Sinne in allen, speziell aber den erzählenden Kunstformen. In modernen, autoreflexiven Arbeiten ist ihre Gegenwart ständig bewußt und ein beliebter Spielball. Die Frankfurter Künstlerin Ulrike Bohlender wählt in diesem Zusammenhang eine besonders interessante Variante, indem sie den Rezipienten selber zum Objekt der Darstellung macht. Ihre fotografischen Arbeiten stellen den Museumsbesucher ins Zentrum des Bildes und eröffnen so neue Sichtweisen auf Kunstrezeption an sich.
In der Serie „Nadelstreifen“ wird der Besucher einer Ausstellung in einen von feinen horizontalen Linien durchzogenes Lichtkegel gestellt und so aus der Anonymität der Rezipientenmasse herausgelöst. Der Museumsgänger wird durch den Lichtkegel zum Star und durch den Verfemdungseffekt selber zum Kunstobjekt.
Bohlender studierte von 1989 bis 1996 an der Kunsthochschule Kassel und präsentierte ihre Arbeiten bis heute in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen. Die Serie „Nadelstreifen“ lässt sich zusammen mit Arbeiten der Objektkünstlerin Anja Luithle unter dem Titel „Die vierte Wand“ vom 13. November bis 9. Januar 2010 in der „Neue Kunst Gallery“ in Karsruhe betrachten.
Öffnungszeiten:
Di – Fr 14 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 16 Uhr, sowie nach Vereinbarung.Similar Posts:
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