Fashion Shows 2017: Ist die Zukunft «unisex»?
London – Kaum hat das Jahr begonnen, ist auch schon wieder Fashion Week. Gerade endeten die Londoner Männerschauen. Als Nächstes folgt die
Berlin Fashion Week vom 17. Januar bis 19. Januar.
Im Anschluss geht es rastlos weiter bis zum 8. März, dem Schlusstag der Pariser Prêt-à-porter, traditionell das Finale der wichtigsten Trendevents. Doch hinter diesem Programmablauf sind Prozesse im Gange, die das ganze System ins Wanken bringen könnten. Einige sprechen bereits von einer Revolution.
Der Aufruhr begann im Februar 2016. Damals verkündete Christopher Bailey, der kreative Kopf von Burberry, er werde künftig die Frauen- und Männermode in einer einzigen Show präsentieren. Und alles, was auf dem Laufsteg zu sehen ist, kommt umgehend in die Geschäfte.
Die Branche war perplex. Zu unumstößlich galten ein paar Grundsätze: Zeitlich getrennte Termine für die Frauen- und Männerkollektionen. Und gezeigt wird Mode für die übernächste Saison. So waren schließlich Produktionsabläufe, Ordertermine und Lieferrhythmen ausgerichtet. Burberry stellte also ein ganzes System in Frage.
Jetzt, kurz vor der neuen Schauenrunde, zeigt sich: Immer mehr Modehäuser entscheiden sich für die gemischte Show. Darunter sind mit Gucci, Bottega Veneta, Dsquared2, Kenzo, Paul Smith und Calvin Klein einige der bekanntesten Namen.
«Diese Entscheidung ist die natürliche Konsequenz aus meiner Sicht auf die Mode, die Frau und Mann als Einheit versteht», so begründet Guccis Kreativchef Alessandro Michele diesen Schritt. Ähnlich hört es sich bei Dan und Dean Caten an, den beiden Machern hinter Dsquared2: «Wenn wir Mode für den Mann entwerfen, denken wir automatisch auch an die Frau – und umgekehrt.»
Vielleicht gibt es aber auch wirtschaftliche Gründe. «Das Luxussegment wächst nicht mehr so stark. Durch eine Zusammenlegung der Schauen lassen sich Kosten sparen», wie Michael Werner, Chefredakteur des Branchenmagazins «TextilWirtschaft», anmerkt. Immerhin steckt in einer Show, je nach Aufwand, ein hoher sechsstelliger Betrag, nicht selten sogar mehr.
Noch radikaler ist aber der Ansatz, der sich hinter «see now buy now» verbirgt, der sofortigen Verfügbarkeit der auf dem Laufsteg gezeigten Mode. Es wäre die Umwandlung der Trendvorschau zum Verkaufsevent. Bereits vollzogen haben diesen Wechsel neben Burberry unter anderem auch Tommy Hilfiger und Tom Ford.
Möglich wurde das erst durch das Internet. Die Shows, früher ausgewählten Journalisten und Einkäufern vorbehalten, flimmern heute per Live-Stream auf jeden Computer. Und dann, so das Argument der «see now buy now»-Befürworter, könnte man die dort gezeigte Mode doch gleich den aktuellen Konsumbedürfnissen der Menschen anpassen.
Michael Werner hält dagegen: «Luxus definiert sich auch über Begehrlichkeit, Entschleunigung und Limitierung.» Aus diesem Grund halten zum Beispiel auch die großen französischen Traditionshäuser wie Hermès, Louis Vuitton oder Dior derzeit (noch) nichts von dieser Idee.
Auf den kommenden Fashion Weeks in London, New York, Mailand und Paris dürfte das Nebeneinander der verschiedenen Konzepte nun für einige Verwirrung sorgen – selbst bei den professionellen Besuchern. Und allen ist schon jetzt klar: den einen richtigen Weg für alle wird es nicht geben. «Allein die Tatsache, ob ein Label vor allem über eigene Geschäfte oder den Fachhandel verkauft, kann Einfluss auf die Ausrichtung der Show haben», gibt Michael Werner ein Beispiel für die Komplexität der Modebranche.
Zudem: Fashion Shows waren immer schon in erster Linie ein Marketinginstrument. Die dort vorgeführte Mode bildet stets nur einen kleinen Teil der Kollektion eines Designers ab. Und an diesem Prinzip ändert auch «see now buy now» nichts.
Fotocredits: Flavio Lo Scalzo
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