Wer hat Angst vor Kathy Acker? – Dokumentation über die Kultautorin
Die New York Times nannte sie einen „Outlaw Writer“ und traf damit ziemlich genau das, was Kathy Acker Zeit ihres Lebens war. Bevor eine breite Öffentlichkeit ihre von radikalen Tabubrüchen bestimmten Romane überhaupt wahrnahm, galt sie im Underground bereits als „Queen of Punk“. Skandalös, direkt und obszön waren ihre Auftritte jederzeit, und auch 12 Jahre nach ihrem frühen Tod ist ihre Arbeit immer noch unbequem. 2007 zeichnete die Dokumentarfilmerin Barbara Caspar ein vielschichtiges Porträt der Künstlerin.
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Dichter seien die „weißen Nigger dieser Zeit“, konstatierte Kathy Acker einmal. Bedenkt man, dass derzeit kein einziges ihrer Bücher mehr auf dem deutschen Markt erhältlich ist, muss man ihr wohl zustimmen. Ihr berühmtester Roman „Blood and Guts in High School“ (dt.: „Harte Mädchen weinen nicht“) landete 1985 hierzulande gar auf dem Index. Sexsucht, Inzest, Versklavung von Frauen und Zwangsprostitution – das war der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften einfach zuviel. Dabei gehört dieser Titel bei weitem nicht zu den provokantesten der stets rebellischen Amerikanerin.
Acker, die eigentlich aus einem wohlhabenden Elternhaus stammte und später sogar zeitweise regulär an unterschiedlichen Universitäten lehrte, hat schon früh den Spagat zwischen halbbürgerlicher Existenz und Underground gelebt. Nachdem sie ihr Studium geschmissen hatte, arbeitete sie unverblümt als Stripperin und Darstellerin in Sexshows. Ihre ersten Romane vermarktete sie quasi selbst. Von den etablierten Verlagen als pornografisch abgelehnt, landeten ihre Bücher zunächst als handkopierte Exemplare in lokalen Buchläden und Sexshops, zugleich aber auch in den Briefkästen Gleichgesinnter wie Burroughs, Warhol oder Patti Smith.
Erst Grove-Press-Gründer Barney Rossett erkannte Ackers Marktwert und machte sie rasch zum Shootingstar der alternativen Literaturszene. Stilistisch bot sie genau die Techniken, die in der Avantgarde der späten 70er en vogue waren. Ihre Romane sind mehr postmoderne Collagen als stringente Narrationen. Mit Burroughs etwa teilt sie die Methode des Zerschneidens und wahllosen Neuordnens ganzer Sätze (sogenanntes „cut-up“). Nicht selten übernimmt sie Passagen anderer Werke und baut sie unverändert in ihren eigene Text ein. Bestellerautor Harold Robbins ließ sich das nicht gefallen und ging rechtlich gegen diese Praxis vor.
Im Leben so radikal wie in ihrer Kunst, starb Kathy Acker 1997 bereits im Alter von 49 Jahren an den Folgen einer tödlichen Erkrankung, deren konventionelle Behandlung sie strikt ablehnte. Bis heute gehört sie zu den wichtigsten Autorinnen des Underground. Ein filmisches Denkmal aus Archivaufnahmen, Interviews mit Weggefährten und Animationssequenzen setzt ihr die Dokumentation „Who´s afraid of Kathy Acker?“. Arte zeigt diese sehenswerte ZDF-Co-Produktion als Wiederholung in der Nacht vom 5. Juli um 1.00 Uhr.Similar Posts:
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