So bekommen Sportler im Winter keine Frostbeulen
München – Wenn es drinnen gemütlich warm und draußen eisig kalt ist, knurrt der innere Schweinehund oft besonders laut. Und jetzt noch joggen zu gehen – ist das nicht ungesund? Doch diese Ausrede will Karlheinz Zeilberger, Sportmediziner aus München, nicht gelten lassen.
Langsam starten
Bei Kälte verändern sich nicht nur die Muskeln im Körper. Die Durchblutung funktioniert in den äußeren Hautschichten nicht mehr optimal, weil der Körper diese nach drinnen abzieht. Die Folge: «Die Muskulatur, Sehnen, das Bindegewebe und die Verschiebeschichten brauchen länger, bis sie beweglich sind», sagt Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. «Sie müssen sich wie bei einem Motor erst warm fahren.»
Das betrifft auch die Atmung. «Egal ob Nordic Walking, Skilanglaufen, Skaten oder Joggen, man muss vom Volumen her mehr atmen», sagt Zeilberger. Da die eingeatmete Luft im Winter aber kalt und trocken ist, muss sie über die Schleimhäute in der Nase, im Rachen und im Kehlkopf angeheizt werden.
Und je mehr kalte Luft an Litern pro Minute durchgeschleust wird, desto mehr wird den Schleimhäuten abverlangt. «Deswegen sollte man beim Sport durch die Nase atmen. Das ist eine Station mehr, die wärmt und anfeuchtet», sagt Zeilberger. Tun nach dem Sport die Bronchien weh oder hat man sogar einen leichten Blutgeschmack im Mund, war das Minutenvolumen ebenfalls zu hoch.
Alles eine Frage der Kleidung
All das kann man über das Tempo steuern. «Vor allem bei Minusgraden sollte ich reduzieren», sagt Sportwissenschaftler Froböse. «Läuft man dagegen schneller, wird das Immunsystem überstrapaziert. Dann werde ich nach dem Sport anfälliger für Krankheiten.»
Die kältesten Temperaturen, die Zeilberger in seiner Karriere als Verbandsarzt im Eisschnelllaufen erlebt hat, waren minus 20 Grad bei einem Weltcup in den USA. «Das war grenzwertig», sagt er. Für Hobbysportler stellen minus 5 Grad noch kein Problem dar. «Mit der richtigen Bekleidung kann und soll man sogar jederzeit und in jedem Alter Sport machen.» Auch Anfänger und Wiedereinsteiger braucht die Kälte nicht abzuschrecken. «Wird es kälter als minus 10 Grad, sollte der Sport nach innen verlegt werden.» Das gilt aber nicht fürs Radfahren: Hier kann es schon eher gefährlich werden, denn Fahrtwind kühlt den Körper schneller aus.
In Sachen Kleidung gilt das Zwiebelprinzip, erklärt Froböse, der selbst auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt noch laufen geht. «Ich ziehe natürlich keine Daunenjacke an. Weil bei einem Baumwoll-T-Shirt die Nässe nicht abtransportiert werden kann, sollte man ein Funktionsshirt anziehen. Darüber kommt ein Fleeceshirt. Dann zieht man eine leichte Jacke an. Außerdem sollte noch der Kopf bedeckt sein.» Faustregel: Wenn es beim Loslaufen noch etwas fröstelt, ist man ideal angezogen.
Rücksicht auf den Körper nehmen
Zwischendrin ein Päuschen einzulegen ist nicht empfehlenswert – dann wird der Trainingseffekt aufgehoben, und Schweiß wird im Winter schnell kalt. «Bleibt der auf der Haut, kühlt man überproportional aus und eine Blasenentzündung droht. Denn viele unterschätzen, dass gerade der Unterbauch schnell abkühlt», sagt Zeilberger.
Von der Möglichkeit, eine Krankheit auszuschwitzen, halten beide Experten nichts. «Ich höre die Frage in meiner Praxis oft, ob man mit einer Krankheit noch bei einem Event teilnehmen kann», sagt Zeilberger. «Aber da gilt Sommers wie Winters: Solange Sie eine erhöhte Temperatur oder geschwollene Lymphknoten haben oder der Ruhepuls um acht bis zehn Schläge höher ist als normal, wird kein Sport gemacht.» Sonst laufe man Gefahr, sich neben einem meist harmlosen Infekt auch noch eine Herzmuskelentzündung einzufangen.
Fotocredits: Horst Ossinger,Karlheinz Zeilberger,Ina Fassbender
(dpa/tmn)
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