Nein sagen müssen manche Menschen lernen
München – Wenn morgens die Aufgaben verteilt werden, gibt es in der Regel jene, die mit einem überschaubaren Pensum in den Tag starten – und die, die zu allem ja sagen und in Arbeit geradezu ersticken.
«Ob jemand in der Lage ist, auch mal nein zu sagen, ist in der Persönlichkeitsstruktur verankert», erklärt der Münchner Psychiater Prof. Peter Falkai aus dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Es hänge vor allem von der Empathiefähigkeit eines Menschen ab.
«Nein sagen heißt immer andere enttäuschen», erklärt Falkai. Ist jemandem wichtig, wie es anderen geht, fällt ihm das schwerer als jemandem, der sich weniger für das Gefühlsleben seines Gegenübers interessiert. Deswegen ist die Unfähigkeit, nein zu sagen, nicht per se eine schlechte Eigenschaft.
Im Gegenteil: Eine solidarische Gesellschaft fußt ja darauf, dass manche Menschen auch mal bereit sind, Aufgaben eines anderen zu übernehmen.
Aufpassen müssen nur jene, bei denen das Überhand nimmt, die also permanent ausgenutzt werden. Zunächst gilt es herausfinden, ob das bei einem selbst der Fall ist. Falkai rät, sich einen Stuhl mit drei Beinen vorzustellen. Eins steht für den Job, eins für die Familie und Freunde und das letzte für das Ich. «Ist das Ich nur noch ein Stummel, kann der Stuhl nicht stehen.» Dann ist die Frage: Wie lässt man das Ich wachsen?
Falkai zufolge geht das nur mit Übung. Fragt der gute Freund, ob man für ihn den Rasen mähen kann, erstmal sagen: «Eigentlich ja, aber lass mich noch mal meinen Terminkalender checken.» Das verschafft einem Zeit, noch mal in Ruhe zu überlegen, ob diese Extraaufgabe zu schaffen ist oder nicht.
Wer auf diese Weise trainiert, auch mal Aufgaben abzulehnen, wird feststellen, dass das gar nicht so schlimm ist. Die anderen nehmen es einem meist nicht einmal übel. Irgendwann schaffen es Betroffene dann auch mal nein zu sagen, wenn der Chef einem noch ein weiteres Projekt aufhalsen will, für das man eigentlich gar keine Zeit hat.
Fotocredits: Silvia Marks
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