Mit EMS nur unter Anleitung trainieren
Köln (dpa/tmn) – Zugegeben, ein bisschen komisch sieht es schon aus, wenn die Menschen komplett verkabelt vor einer Maschine stehen und langsam ihre Übungen ausführen. Immer häufiger sieht man das jetzt, vor allem in deutschen Innenstädten, wo sogenannte Mikro- oder Boutique-Fitnessstudios eröffnen.
Viele von den Studios bieten Elektro-Muskel-Stimulation an, kurz EMS-Training. «Das ist immer noch ein Wachstumsmarkt», sagt Ralph Scholz, Event Director der Fitness-, Wellness- und Gesundheitsmesse
Fibo in Köln (6. bis 9. April).
EMS arbeitet, wie der Name schon sagt, mit elektrischen Impulsen. Im Grunde tut der menschliche Körper das auch, erklärt Personal Trainer Sebastian Authenrieth, der einen EMS-Leitfaden für Trainer verfasst hat. Bewegt der Mensch einen Muskel, wird zuvor ein elektrischer Impuls über die Nerven an den Muskel weitergegeben. Beim EMS werden diese Impulse verstärkt, um das Training zu intensivieren. Eine 20-minütige Einheit pro Woche reicht deshalb aus, um eine Grundfitness zu erreichen. Mehr sollte es zunächst auch nicht sein, sagt Authenrieth. Der Körper benötige in den ersten zehn Wochen nach jeder Einheit eine ganze Woche, um sich zu erholen.
Es sei sinnvoll, daneben anderen Sport zu treiben, ergänzt Rainer Beck, Vertriebsleiter bei Miha Bodytec, einem deutschen Hersteller von EMS-Geräten. So sieht es auch Prof. Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit der Deutschen Sporthochschule Köln. «EMS kann eine gute Ergänzung sein», sagt er.
Wer unter Strom trainieren will, sollte das in jedem Fall nur unter professioneller Anleitung tun – darin sind sich die Experten bei der Fibo einig. «Strom kann Muskeln und Gewebe nachhaltig schädigen, wenn er falsch eingesetzt wird», warnt Froböse. Dass EMS mittlerweile auch als Gruppentraining und sogar für zu Hause angeboten wird, sieht er deshalb mit großer Sorge. Ein Trainer sollte sich auf maximal zwei Trainierende konzentrieren. Ideal ist Froböse zufolge eine Eins-zu-Eins-Betreuung.
Aufgebaut wird das Training nach den individuellen Bedürfnissen des Kunden, erklärt Authenrieth. «Die meisten wollen insgesamt fitter für ihren Alltag werden», sagt er. Darauf liege deshalb momentan der Fokus bei den Trainerfortbildungen. «Wir arbeiten mit dem Kunden an den sogenannten fundamentalen Bewegungsmustern.» Das sind beispielsweise Kniebeugen, weil sich der Mensch im Laufe des Tages häufiger mal setzt und wieder aufsteht. Der Ausfallschritt ahmt die natürliche Gehbewegung mit nach vorn gerichtetem Oberkörper nach. Wichtig sind auch Rotationsübungen, die Vorbeuge oder etwa das aufrechte Stehen als Gegenbewegung zum Sitzen am Computer.
Bevor es losgehen kann, muss der Trainer abfragen, ob der Interessent gesund ist. «EMS ist sehr fordernd und intensiv», sagt Authenrieth. Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkrheuma oder anderen entzündlichen Autoimmunerkrankungen ist es beispielsweise nicht geeignet.
Spricht grundsätzlich nichts gegen EMS, gibt es trotzdem einiges zu beachten: Trainieren sollte nur, wer sich an dem jeweiligen Tag wirklich gesund fühlt. Außerdem sollte vorher ausreichend kohlenhydratreich gegessen werden. Vor, während und nach dem Training muss der Sportler viel trinken.
Die Kosten für eine EMS-Einheit hängen von der Art des Studios ab. Manche Mikrostudios verlangen pauschale monatliche Beiträge, zum Beispiel von 100 Euro. In dem Fall sollten Interessenten darauf achten, dass ein Trainer nicht mehr als zwei Kunden zur gleichen Zeit betreut. Wird EMS als Personal Training angeboten, unterscheiden sich die Kosten nicht wesentlich von dem eines klassischen Personal Trainings. Sebastian Authenrieth etwa verlangt 50 Euro für 30 Minuten Training – egal, ob dabei Strom zum Einsatz kommt oder nicht.
Fotocredits: Henning Kaiser,Henning Kaiser,Henning Kaiser,Henning Kaiser,Henning Kaiser
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(dpa)