Herzmassage im Takt von «La Macarena» durchführen
Barcelona – Mit dem Sommerhit «La Macarena» kann man Leben retten. Für das richtige Tempo bei einer Wiederbelebung könne es helfen, den Song im Kopf zu haben, berichteten Mediziner der Universität Barcelona auf dem Euroanaesthesia-Kongress in Kopenhagen.
Die Qualität der Herzdruckmassage verbessert sich dadurch den vorläufigen Studienergebnisse zufolge. Noch hilfreicher sei es, auf eine Smartphone-App als Taktgeber zurückzugreifen.
Je nach Statistik erleiden in Deutschland jedes Jahr zwischen 40.000 und 64.000 Menschen einen plötzlichen Herzstillstand, der zu den häufigsten Todesursachen weltweit gehört. Bei dieser Funktionsstörung ist Zeit der entscheidende Faktor: Etwa drei bis fünf Minuten nach dem Herzstillstand wird das Gehirn dauerhaft geschädigt, nach zehn Minuten sinken die Überlebenschancen gen Null.
So lange braucht allerdings oft der Rettungswagen, um zum Ort des Geschehens zu kommen. Nur zehn Prozent der Betroffenen überleben nach Angaben des Deutschen Rates für Wiederbelebung einen plötzlichen Herzstillstand – was auch daran liegen kann, dass in Deutschland gerade einmal 37 Prozent der Laien, die solch eine Situation beobachten, helfen. Zum Vergleich: In Skandinavien oder den Niederlanden sind es 70 Prozent.
Für die niedrige Quote gibt es laut Ralf Sick, Bereichsleiter Bildung, Erziehung und Ehrenamt der Johanniter-Unfall-Hilfe, verschiedene Gründe. Manche Menschen ekelten sich vor der Mund-zu-Mund-Beatmung oder hätten Angst vor ansteckenden Krankheiten; andere sorgten sich, bei der Herzdruckmassage Fehler zu machen und am Ende gar verklagt zu werden. «Es ist noch nie vorgekommen, dass ein Ersthelfer verklagt wurde», betont Sick. Vielmehr seien Ersthelfer sogar versichert. Zwar seien sowohl Drücken als auch Beatmen für die Wiederbelebung wichtig. «Bevor jemand aber gar nichts tut, bringt in den ersten Minuten nach einem Herzstillstand auch das Drücken viel.»
Dabei muss die Herzdruckmassage kräftig und durchgängig erfolgen. Sie bringt das stillstehende Herz zwar nicht wieder zum Schlagen, hält aber einen Minimalkreislauf aufrecht – und das am besten, wenn das Herz mindestens 100 Mal pro Minute komprimiert wird. Das Team um den Mediziner Enrique Carrero Cardenal vom Universitätsklinikum Barcelona untersuchte nun, welche Mittel dabei helfen können, diesen Rhythmus einzuhalten.
Dafür wählten sie 164 Medizinstudenten der Universität Barcelona aus, die in drei Gruppen unterschiedliche Methoden der Herzdruckmassage an einem Dummy anwandten: Die Kontrollgruppe hatte gar keine Hilfsmittel, die zweite Gruppe nutzte eine Metronom-App auf ihrem Smartphone, die einen Rhythmus von 103 Schlägen pro Minute vorgab, die dritte sang im Kopf den Sommerhit «La Macarena».
Wie Enrique Carrero Cardenal bei der Euroanaesthesia 2018 berichtete, dem europäischen Kongress für Anästhesiologie, schafften sowohl in der Smartphone-Gruppe (91 Prozent) als auch in der Macarena-Gruppe (74 Prozent) mehr Probanden die ideale Frequenz von 100 bis 120 Komprimierungen pro Minute als in der Kontrollgruppe (24 Prozent). Keine der Gruppen erreichte allerdings die ideale Kompressionstiefe von fünf Zentimetern: So tief soll man bei einer Herzmassage den Brustkorb eindrücken.
Insgesamt erzielte die Smartphone-Gruppe die beste Herzdruckmassage, konnte aber erst später damit anfangen, da die App zunächst gestartet werden musste. Die App wurde von den Probanden auch als am hilfreichsten bewertet. Für einen Start der Wiederbelebung ohne Verzögerung biete sich hingegen das mentale Singen von «La Macarena» an, erklärten die Forscher.
Das Ergebnis der spanischen Mediziner ist nicht die erste Empfehlung für einen Chart-Hit als innerem Metronom für die Herzmassage: In den USA wurde lange der Song «Staying Alive» von den Bee Gees als Taktgeber empfohlen, bei dem der Titel Programm ist. Auch in den Erste-Hilfe-Kursen der Johanniter wird mit Musik gearbeitet, erklärt Bereichsleiter Ralf Sick, insofern sei er dankbar für den empirischen Beleg aus Barcelona, dass Lieder bei der Wiederbelebung helfen können.
Welchen Song man nutze, wolle er nicht vorschreiben: «Da kann jeder seinem eigenen Musikgeschmack folgen. Hauptsache, das Stück hat einen Rhythmus zwischen 100 und 120 Schlägen pro Minute.» Die Johanniter arbeiteten derzeit an einer App zur Wiederbelebung, bei der auch ein Taktgeber zum Drücken eingebaut werde.
Sick berichtet auch, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe zum diesjährigen Erste-Hilfe-Tag am 8. September mit dem Projekt «Von Herzensrettern und Lebensrettern» startet. Hilfsorganisationen wollen dabei Menschen motivieren, sich in kurzen Trainings für die Wiederbelebung fit zu machen und beispielsweise bei rhythmischer Musik gemeinsam in der Gruppe das Drücken zu üben.
Fotocredits: Patrick Seeger
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