Können Alkolocks Promillefahrten verhindern?

Goslar – Bundesweit wurden im Jahr 2017 mehr als 12.000 Unfälle mit Personenschäden registriert, bei denen Alkohol im Spiel war. Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar wollen Experten darüber diskutieren, ob Alkohol-Wegfahrsperren für Promille-Sünder, die Verkehrssicherheit erhöhen können.

Wie funktioniert ein Alkolock-System?

«Ein Alkohol-Interlock-System ist ein in ein Kraftfahrzeug eingebautes Atemalkohol-Messgerät in Kombination mit einer Wegfahrsperre», sagt die Sprecherin der Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), Julia Fohmann. Die Sperre führt dazu, dass alkoholisierte Personen den Fahrzeugmotor nicht starten können.

Für wen käme ein Alkolock in Betracht?

Alkoholsünder, die mit mehr als 1,6 Promille erwischt werden, müssen zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), bevor sie ihre Fahrerlaubnis zurückerhalten. Fahrer, bei denen ein Wert zwischen 1,1 und 1,6 Promille festgestellt wurde, bekommen den Führerschein hingegen in der Regel nach Ablauf einer Sperrzeit zurück. Beim Verkehrsgerichtstag wird darüber diskutiert, ob diese Personen für bestimmte Zeit ein Alkolock-System nutzen sollten.

Wie viele Promillesünder wären davon betroffen?

Im Jahr 2017 gab es bundesweit knapp 3000 Unfallbeteiligte, bei denen Alkoholwerte zwischen 1,1 und 1,6 Promille gemessen wurden.

Welchen Nutzen versprechen sich die Experten?

Beim ADAC geht man davon aus, dass ein Alkolock zusammen mit einer psychologischen Begleitung die Betroffenen dazu bringt, ihr Verhalten zu ändern. Die Wahrscheinlichkeit dürfte sinken, dass sie erneut alkoholauffällig werden, sagte ein Sprecher. Ein Pilotversuch wäre sinnvoll.

«Vision Zero, also die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten auf null zu senken, ist und bleibt unser Ziel», sagt Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Club Europa (ACE). «Alkolocks können dazu beitragen, sich diesem Ziel zu nähern.»

Kann man Alkolocks austricksen?

Grundsätzlich könne man die Geräte zwar austricksen, indem man jemand anderen pusten lasse, sagt ein Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Nach Ansicht des Verkehrssicherheitsrates ist die Wahrscheinlichkeit dafür aber relativ gering. Denn Alkolocks forderten in der Regel auch während der Fahrt zur Kontrolle auf, und zwar so lange, bis der Fahrer gepustet hat. In den USA und Australien kämen zudem Kameras zum Einsatz, die die Personen bei der Atemabgabe fotografierten.

Was kostet ein Alkolock-System?

Wer sich als Privatperson ein Gerät einbauen lässt, muss mehrere tausend Euro auf den Tisch legen. In Skandinavien können Alkolock-Systeme auch gemietet werden. Das wäre laut DVR auch für Deutschland eine Option, wenn die Geräte für bestimmte Personengruppen vorgeschrieben werden sollten.

Gibt es Erfahrungen mit Alkolocks?

Internationale Studien aus den USA und Schweden belegen nach Angaben des DVR, das Trunkenheitsfahrten mit eingebauten Alkolocks seltener werden. Es habe sich aber auch gezeigt, dass die Zahl der Alkoholfahrten steigt, sobald das System ausgebaut ist. Der Automobilclub ACE weist darauf hin, dass in Frankreich, Finnland, den Niederlanden und in Polen bereits rechtliche Grundlagen für den Einsatz von Alkolocks in den Fahrzeugen besonders alkoholauffälliger Verkehrsteilnehmer geschaffen wurden.

Was meinen Verkehrsjuristen?

Interessant sei das System für Personen, die mit geringeren Promille-Graden erwischt wurden, bei denen für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis keine MPU notwendig ist, sagt Rechtsanwalt Christian Funk von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). «Das Alkohol-Interlock-System kann dann zusätzliche Möglichkeiten bieten, entweder eine Sperrfrist zu verkürzen oder ein Strafverfahren zur Einstellung zu bringen.»

Was sagt die Unfallforschung?

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) plädiert für eine EU-Richtlinie, wonach alle neuen Kraftfahrzeuge mit Alkolocks auszurüsten sind. «Europaweit könnten die Geräte dann so eingestellt werden, dass ab 0,5 Promille das Starten des Fahrzeugs nicht mehr möglich ist», sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Ein Fahrer, der ohne ein solches Gerät führe, verstieße dann gegen das Gesetz.

Vom 23. bis 25. Januar kommen Experten zum 57. Deutschen
Verkehrsgerichtstag in Goslar zusammen, um Themen der Verkehrssicherheit zu erörtern.

Fotocredits: Herbert Pfarrhofer
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