Das Ende der Umsonstkultur am Geldautomaten

Frankfurt/Berlin – Schluss mit gratis: In der Zinsflaute drehen immer mehr Banken und Sparkassen an der Gebührenschraube. Jüngstes Beispiel: Einige Sparkassen und Volksbanken verlangen von einem Teil ihrer Kunden Gebühren, wenn sie am Automaten Geld abheben. Die Niedrigzinsen belasten die Geldhäuser, die Branche ist auf der Suche nach neuen Einnahmen, zugleich sollen die Kosten runter.

«Bankdienstleistungen sind nicht kostenlos – die Verbraucher verstehen und akzeptieren das auch», sagte der Präsident des Genossenschaftsverbandes, Michael Bockelmann, jüngst. Vor allem kleinere Häuser befänden sich «im Zangengriff sinkender Erträge durch die Niedrigzinsphase und steigender Kosten durch die Regulierung».

Bisher konnten Verbraucher an Automaten des eigenen Instituts oder der Finanzgruppe kostenlos Bargeld abheben. Zwar sorgten die teils hohen Gebühren für Fremdkunden immer wieder für Ärger. «Inzwischen hat sich das nach unserer Beobachtung auf etwa drei bis fünf Euro eingependelt», berichtet Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). «Es gibt aber immer wieder Ausreißer nach oben.»

Bei
manchen Sparkassen ist nun auch für eigene Kunden Schluss mit gratis. Bei etwa 40 der rund 400 Institute fallen nach Recherchen des Finanzportals Biallo je nach Kontomodell
Gebühren von 19 Cent bis zu einem Euro an. Manche gewähren ihren Kunden im Monat danach bis zu fünf kostenlose Abhebungen am Geldautomaten. Andere kassieren gleich beim ersten Mal.

Nur wer ein entsprechendes Kontomodell wähle, zahle wie bei anderen Instituten auch Gebühren für Abbuchungen, betont der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Grundsätzlich sei das Abheben an einem der rund 25 000 Geräte für Sparkassen-Kunden nach wie vor kostenlos.

Ähnlich argumentieren die Volks- und Raiffeisenbanken. Es sei möglich, dass sich Verbraucher für ein Kontomodell entschieden, «das preiswerter ist, weil es zum Beispiel ein monatliches Limit an Freiabhebungen am Geldautomaten vorsieht. Für Kunden, die nicht oft Bargeld abheben, kann sich das lohnen.» Biallo zufolge haben bisher mehr als
150 Volksbanken die kostenlose Bargeldversorgung teils abgeschafft. Die Auswertung laufe aber noch.

«Dass Konten auch etwas kosten, ist in Ordnung», sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller. «Aber wir fordern von der Politik, Verbraucher vor Willkür beim Anheben der Kosten zu schützen.»

Verbraucherschützerin Mohn mahnt, «die Finanzinstitute sollten nicht mit der Kundenzufriedenheit spielen». Seit Herbst könnten Verbraucher leichter ihr Konto wechseln. «Es gibt Sparkassen, die günstige Konten anbieten und trotzdem fürs Abheben am Automaten innerhalb der roten Gruppe keine Gebühren verlangen.» Auch Nils Beier vom Beratungsunternehmen Accenture warnt: «Spielraum für höhere Gebühren ist grundsätzlich vorhanden, allerdings nicht unbegrenzt und immer mit dem Risiko, dass Kunden abwandern, insbesondere wenn es «falsch» gemacht wird.»

Entscheidend ist aus Mohns Sicht, dass Kunden genau darüber informiert werden, was die Vor- und Nachteile eines bestimmten Kontomodells sind und wofür sie welche Gebühren zahlen müssen. Das Problem: «Es wird immer unübersichtlicher und schwieriger, Konten zu vergleichen.»

Nach Einschätzung von Dirk Schiereck, Professor an der TU Darmstadt, geht es den Finanzinstituten auch darum, das Verhalten der Kunden zu ändern. Einzelhandel und Banken seien sich darin einig, dass Bargeld teurer sei und es für sie besser wäre, wenn mehr Kunden mit Karte oder per Handy bezahlten, sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Deshalb versuchten Banken und Sparkassen, die Kunden vom Bargeld wegzulocken.

Bei den privaten Instituten der sogenannten Cash Group – Commerzbank, Deutsche Bank, HypoVereinsbank und Postbank – ist die Bargeldversorgung am Automaten für eigene Kunden und die der Gruppe nach wie vor kostenlos. Es gebe aktuell auch keine Pläne dies zu ändern, heißt es bei den Instituten auf Anfrage.

Grundsätzlich bleibt Verbrauchern derzeit nur eins: «Genau hinschauen und die Bank wechseln, wenn die Kosten immer weiter steigen. Es bleibt aber das Risiko, dass auch bei der nächsten Bank die Gebühren steigen werden», sagt Verbraucherschützer Müller.

Fotocredits: Karl-Josef Hildenbrand
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