Die Mainzer Fastnacht: Was kaum jemand über sie weiß
Mainz – Jedes Fastnachter-Kind weiß, dass «Weck, Worscht und Woi» das Nationalgericht in der närrischen Zeit ist. Aber wer die Schwellköpp erfunden hat und warum die Mainzer Kostüme in rot, weiß, blau und gelb tragen, ist weniger geläufig. Eine Liste für Wissbegierige:
Welterbe: Der rheinische Karneval ist 2014 in die Liste des nationalen Kulturerbes aufgenommen worden – und die Mainzer Fastnacht gehört laut
Unesco dazu. Mit dabei ist: «Alles, was am Rhein singt und lacht.» Im vergangenen Jahr plädierten Karnevalisten aus anderen Regionen dafür, den deutschlandweiten Karneval als Ganzes aufzunehmen. Das geschah jedoch nicht.
Helau: Zunächst waren in Mainz oft die Rufe «Hoch», «Bravo» und «Vivat» zu hören. Erst 1936 sei «Helau» – das aus Düsseldorf stammt – in der Mainzer Saalfastnacht zu hören gewesen, schreibt Günter Schenk in einem seiner Bücher zur Fastnacht. In der Straßenfastnacht habe der Ruf sich erst im Jahr danach durchgesetzt. Heute heißt es im närrischen Grundgesetz, Artikel neun: «Der närrische Gruß vom 1. Januar bis zum Aschermittwoch heißt «Helau». Er ist möglichst oft und laut zu rufen oder zu singen.»
Fastnachtszug: Wenn in der Vergangenheit im Land Krieg herrschte oder eine schlechte Wirtschaftslage, wurde auf die kostspieligen
Fastnachtszüge verzichtet. Die Mainzer mussten sich – wenn überhaupt – mit einer maskierten Kappenfahrt begnügen, wie der Mainzer Carneval-Verein 1838 (MVC) auf seiner Homepage schreibt. Auch löste sich der Carneval-Verein früher jeweils nach den Fastnachtstagen auf, um sich im November neu zu konstituieren.
Schwellköpp: Die überdimensionierten Pappköpfe sind eine nicht mehr wegzudenkende Tradition der Mainzer Straßenfastnacht. Dabei sind sie noch keine 100 Jahre alt: 1927 gestaltete der Mainzer Unternehmer Ludwig Lipp die Gesichter für den Rosenmontagsumzug. Seitdem kommen immer neue hinzu: Butze, Zahraffel, Eulefons, Karlche, Bawett, Fleebutz. Sie hätten sogar einen eigenen Stammbaum, sagt eine Mitarbeiterin des Mainzer Fastnachtsmuseum. Die Träger müssen die rund 25 Kilogramm schweren Köpp ganze vier Stunden am Rosenmontag durch die Stadt tragen.
Rekrutenvereidigung: Damit es an den tollen Tagen auch wirklich närrisch zugeht, leisten die Rekruten verschiedener Garden am Fastnachtssamstag einen Eid vor dem Staatstheater. Sie schwören dem
Prinzen Karneval und Gott Jocus Ergebenheit und sagen den Muckern und Philistern – den Fastnachtsmuffeln – den Kampf an. Die Persiflage auf militärische Bräuche stammt noch aus der Kaiserzeit und entstand im 19. Jahrhundert.
11.11. um 11.11 Uhr: Die
elf ist typisch närrisch: In der Zahl steht einer neben dem anderen, in Eintracht, wie auch in der Fastnacht die Menschen brüderlich und schwesterlich vereint sind. Ob Gardist, Feldmarschall,Generalfeldmarschall, Trommler oder Fahnenschwenker – jeder ist auf den anderen angewiesen. Die Elf galt schon im Mittelalter als magische Zahl, weil sie eins über zehn ist. Sie kennzeichnete Menschen, die außerhalb der Sittengesetze standen – alle die, die die Zehn Gebote überschritten hatten.
Farben: Rot, weiß, blau und gelb sind die Farben der Mainzer Fastnacht. Aber warum nur? Eine Theorie besagt, dass die ersten drei Farben aus der Trikolore der Franzosen kommen – schließlich war Mainz mehrfach von den Nachbarn besetzt. Das Gelb wiederum könnte die Feiertagsfarbe der Katholiken sein. «Die Fastnacht ist das letzte Aufbäumen, Ausgelassen-Sein vor der Fastenzeit. Dann muss man sechs Wochen brav sein», erklärt Michael Bonewitz vom MCV.
Fotocredits: Fredrik von Erichsen
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