Den Weg trainieren: Wie Kinder sicher zur Schule kommen
Bonn (dpa/tmn) – Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ordnung? Für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren gilt das nicht immer. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verunglücken gerade sie zwischen 7 und 8 Uhr sowie zwischen 13 und 14 Uhr häufig im Straßenverkehr – typische Schulwegszeiten.
«Schon bei den Kleinsten sollte man anfangen, auf die Gefahren im Straßenverkehr hinzuweisen», sagt Verkehrsexperte Andreas Hölzel vom ADAC. Besonders kurz vor der Einschulung gilt es, den Schulweg ausgiebig mit den Kindern einzuüben: «Aber nicht am ruhigen Wochenende, sondern an einem normalen Wochentag mit typischem Verkehrsaufkommen.»
Ziel sollte sein, dass das Kind den Schulweg selbstständig gehen kann. «Es gibt aber Gegebenheiten, in denen Grundschulkinder auch bei bester Übung den Weg nur schwer allein zurücklegen können», sagt Andreas Bergmeier, Referatsleiter Kinder und Jugendliche beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Das könnten zum Beispiel komplizierte Kreuzungen mit sehr kurzen Grünphasen und unterteilenden Mittelinseln sein.
Besonders gefährlich: Abbiegungen, bei denen man in den toten Winkel geraten kann. «Da haben die Kinder eigentlich grün und könnten über die Straße gehen und werden vom Lkw-Fahrer übersehen.» Oder der Anhänger oder die Hinterräder könnten die Bordsteinecke schneiden und das dicht am Übergang wartende Kind erfassen. Das gilt nicht nur für Lkw oder Busse, sondern bereits für größere Kastenwagen. Da hilft nur: «Mit großem Abstand von der Ecke wegbleiben und warten, bis das Fahrzeug vorbeigefahren ist.»
Kinder müssen eine Sache lernen: «Man darf sich im Straßenverkehr auf nichts verlassen.» Denn auch das Auto, das am Zebrastreifen hält, könnte von einem anderen Fahrzeug überholt werden. «Früher hieß es immer, erst links-rechts-links schauen und dann gehen.» Doch der Experte rät, dass Kinder beim Überqueren der Straße immer wieder links und rechts schauen und versuchen, konzentriert die Gesamtsituation zu erfassen.
Aber wie übt man das am besten? «Da gibt es kein Rezept. Denn Kinder sind immer unterschiedlich», sagt Hannelore Herlan von der Deutschen Verkehrswacht. «Aber Übung macht den Meister.» Am Ende steht ein Rollentausch: Das Kind zeigt und erklärt den Eltern eigenständig den Schulweg. «Ich sehe dann, ob und wie es das Erlernte umsetzen kann.» Klappt das, kann es alleine gehen. Eltern haben dabei immer das individuelle Verhalten ihres Kindes im Blick und machen es nicht von Altersgrenzen abhängig, rät Herlan.
Im besten Fall stellen die Schulen einen Schulwegplan zur Verfügung. Darin sind gefährliche und schwierige Stellen aufgeführt, aber auch Überquerungshilfen. «Der gute Weg ist nicht immer der kurze Weg», sagt Bergmeier. Es gibt viele Grundschulen, an denen sich sogenannte Walking-Bus-Gruppen bilden. «Dabei gehen mehrere Kinder, oft unter Anleitung von älteren Schülern oder Erwachsenen, zusammen zur Schule.»
Eines sollten Eltern unbedingt vermeiden, rät Hölzel: die Kinder aus falsch verstandenem Sicherheitsverständnis mit dem Auto zur Schule zu fahren. «So verpassen die den Sprung in die Selbstständigkeit.» Nur bei unzumutbar weiten Strecken sei das sinnvoll. Außerdem verursachen viele motorisierte Eltern vor den Schulen Staus und Chaos. Bei Fahrgemeinschaften sollten alle entsprechende Kindersitze haben und Zeit fürs richtige Anschnallen einplanen.
Mit dem Rad sollten die Kinder erst nach bestandener Fahrradprüfung zur Schule fahren. In der Regel wird sie in der vierten Klasse abgelegt. Meistens sind sie dann mindestens acht Jahre alt. «Das ist entwicklungspsychologisch eine Schwelle, an der Kinder lernen, Theorie und Praxis besser miteinander zu verknüpfen», sagt Herlan. Die Praxis verbessern auch Geschicklichkeitsübungen: «Zum Beispiel ganz langsam oder Schlangenlinien fahren, das schult das Gleichgewicht.» Und an einer bestimmten Linie zum Halten zu kommen, trainiere das Fahrvermögen.
Dabei immer wichtig ist der Helm – wie beim Gurt im Auto ein Lebensretter, sagt Hölzel. «Er kann schwere Verletzungen zwar nicht ausschließen, aber die Schwere reduzieren.» Dabei sollten die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und selbst einen beim Radeln tragen. Später in der Pubertät suchen sich Kinder oft andere Vorbilder außerhalb der Familie. «Daher geht unser Appell auch an alle Erwachsenen, einen Helm zur tragen», sagt Herlan.
Infokasten: Bei Kleidung und Ranzen auf Normen achten
Für mehr Sicherheit im Verkehr sorgt reflektierende Kleidung – vor allem in der dunklen Jahreszeit. Dabei sollte man sich an den Normen EN ISO 20471 oder EN 1150 orientieren. Wichtig: der Schulranzen sollte der DIN-Norm 58124 entsprechen. «Dann hat er genügend retroreflektierendes Materialien, dass man gut gesehen wird», sagt Andreas Hölzel vom ADAC.
Fotocredits: Stefanie AumillerSimilar Posts:
(dpa)